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Wahrscheinlichkeitsbegriff

Einordnung und Zielsetzung

Im Kapitel Wahrscheinlichkeitsbegriff werden Grundvorstellungen zum Wahrscheinlichkeitsbegriff reaktiviert, die bereits in der Sekundarstufe I anhand experimenteller Untersuchungen aufgebaut worden sind. Zur Vertiefung des bereits erworbenen Grundwissens werden die in der Sekundurstufe I eher informell benutzten Begriffe und Konzepte präzisiert. Eine zentrale Rolle spielt dabei immer der Modellierungsgedanke: Wahrscheinlichkeiten werden von Menschen gesetzt. Sie sind mathematische Modelle, die passend zu realen Situationen erschaffen werden, um die Chancen von Ergebnissen bei Zufallsexperimenten zu erfassen. Folgende Zielsetzungen stehen bei der vertiefenden Wiederholung zum Wahrscheinlichkeitsbegriff im Vordergrund:

  • ... was wird unter einem Zufallsexperiment verstanden.
  • ... wie sich Häufigkeiten von Ergebnissen eines Zufallsexperiments verhalten, wenn das Zufallsexperiment oft durchgeführt wird.
  • ... dass Wahrscheinlichkeiten von Menschen gesetzte Zahlen sind.
  • ... wie Wahrscheinlichkeiten als Prognosewerte für relative Häufigkeiten verwendet werden.
  • ... wie man Wahrscheinlichkeiten mit Hilfe von relativen Häufigkeiten abschätzt.
  • ... wie die Ergebnisse eines Zufallsexperiments mit einer Ergebnismenge beschrieben werden.
  • ... wie die Wahrscheinlichkeiten der Ergebnisse eines Zufallsexperiments mit einer Wahrscheinlichkeitsfunktion beschrieben werden.

Experimente mit Applets

Zum Aufbau tragfähiger Grundvorstellungen zu zufälligen Erscheinungen und deren Mathematisierung sind vielfältige Untersuchungen und reale Experimente nötig, die von den Lernern selbst durchgeführt werden. Wenn die Lerner noch nicht über solche Praxiserfahrungen verfügen, dann sollten sie auf jeden Fall im aktuellen Unterricht integriert werden. Die Materialien im Kapitel Wahrscheinlichkeitsbegriff geben hierzu entsprechende Hinweise. Bei hinreichend Vorerfahrungen ist es möglich und oft auch sinnvoll, reale Experimente nur zu simulieren. Die Simulationen erlauben es, schnell viele verschiedene Versuchsreihen zu erzeugen, um hieraus die fundamentalen Zusammenhänge zu erschließen. Die Materialien im Kapitel Wahrscheinlichkeitsbegriff stellen hierzu passende Applets zur Verfügung.

Das folgende Applet simuliert einen Pyramidenwürfel.

Zum Herunterladen: wuerfelnPW.ggb

Ein entsprechendes Applet gibt es auch zu einem normalen Standardwürfel. Diese beiden Würfel werden als Prototypen für Zufallsgeräte benutzt, um das unterschiedliche Vorgehen bei der Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten aufzuzeigen.

Im Fall eines Standardwürfels wird in der Regel von der Annahme ausgegangen, dass er fair ist und alle Augenzahlen mit gleicher Wahrscheinlichkeit fallen.

Zusammenhang zwischen Realität und Modell

Wenn wie bei einem Pyramidenwürfel keine sinnvolle Annahme möglich ist, dann führt man eine längere Versuchsreihe durch und schätzt mit Hilfe der ermittelten relativen Häufigkeiten die gesuchten Wahrscheinlichkeiten. Solche Schätzungen sind aber unsicher.

Zusammenhang zwischen Realität und Modell

Der Pyramidenwürfel ist dabei – den Vorschlägen von Riemer folgend – so konzipiert, dass Wahrscheinlichkeiten aus Ergebnissen empirischer Untersuchungen und spekulativer Symmetrieannahmen resultieren.

Vertiefung – Präzisierungen

Einschätzung zu realen Situationen werden meist informell in unserer gängigen Umgangssprache formuliert. Mathematische Modelle werden dagegen immer möglichst präzise in der Sprache der Mathematik beschrieben. Hierfür werden dann spezielle Fachbegriffe und Schreibweisen verwendet.

Um die unterschiedlichen Denk- und Sprachebenen – Umgangssprache und Fachsprache – hervorzuheben, werden – zumindest in diesem Kapitel – tabellarische Gegenüberstellungen von dem betrachteten Realitätsausschnitt und dem entsprechenden Wahrscheinlichkeitsmodell genutzt.

Standardwürfel-Modell:

Realität Modell
Zufallsexperiment:
einen Standardwürfel werfen und dabei die Augenzahl beobachten
Ergebnisse:
1: Augenzahl 1
2: Augenzahl 2
...
Ergebnismenge:
$\Omega = \{1, 2, 3, 4, 5, 6\}$
Wahrscheinlichkeitsannahme:
Alle Ergebnisse sind gleichwahrscheinlich.
Wahrscheinlichkeitsfunktion:

Vertiefung – das Zusammenspiel zwischen Wahrscheinlichkeiten und relativen Häufigkeiten

Für ein Grundverständnis zum Wahrscheinlichkeitsbegriff ist das Verständnis zum Zusammenspiel aus Wahrscheinlichkeiten und relativen Häufigkeiten wesentlich.

Basierend auf dem empirischen Gesetz der großen Zahlen ergeben sich zwei gegensätzliche Vorgehensweise:

Wahrscheinlichkeiten als Prognosewerte für relative Häufigkeiten:

Angenommen, wir kennen die Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses. Dann benutzen wir diese Wahrscheinlichkeit als Prognosewert für die relative Häufigkeit bei einer geplanten Versuchsreihe.

Relative Häufigkeiten als Schätzwerte für Wahrscheinlichkeiten:

Angenommen, wir kennen die relative Häufigkeit eines Ergebnisses aus einer oft wiederholten Durchführung des Zufallsexperiments. Dann benutzen wir die relative Häufigkeit als Schätzwert für die Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses.

Eine vertiefende Untersuchung des Zusammenhangs zwischen geschätzter Wahrscheinlichkeit und gemessener relativer Häufigkeit wird durch eine experimentell angelegte Erkundung angebahnt. Hierzu wird folgendes Applet benutzt, mit dem mehrere Versuchsreihen erzeugt und dann beobachtet werden, wie Stabilisierungseffekte genauer erfasst werden können.

Zum Herunterladen: empirischesGesetzSWmitTrichter.ggb

Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden im Kapitel Schätzen von Häufigkeiten und Wahrscheinlichkeiten weiter ausdifferenziert. Auch hier gehen wir über das in der Sekundarstufe I üblicherweise Behandelte hinaus.

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