i

Wachstums- und Zerfallsprozesse

Wachstums-Situationen durch Folgen beschreiben

In den Aufgaben 1 und 2 wird anhand von Wachstumsprozessen geübt, Wertetabellen und Berechnungsformeln aufzustellen. Der letzte Aufgabenteil stellt jeweils eine Vernetzung mit bereits bekanntem Wissen zu linearen Funktionen sowie Exponentialfunktionen her.

In Aufgabe 3 wird die Thematik „Kaufkraft-Verlust durch Inflation“ durch Folgen beschrieben. Es ist sinnvoll, Aufgabe 2 davor zu bearbeiten. Die Hauptschwierigkeit besteht hierbei darin, aus einer Inflationsrate den Kaufkraftverlust zu berechnen. In der einfacheren Variante der Aufgabe wird deshalb direkt mit dem Kaufkraftverlust statt mit der Inflationsrate gearbeitet. Das Aufstellen einer Berechnungsvorschrift sollte im Vorfeld geübt worden sein. Am Ende der Aufgabe finden sich Anregungen zur weiteren Beschäftigung mit dem (gesellschaftlich relevanten) Thema Inflation.

Aufgabe 1

Geld sparen[1]
Auf einem Konto befinden sich zu Beginn 1000 €. Jeden Monat werden 50 € einbezahlt. Die Folge $\left( k_n \right)$ beschreibt die Entwicklung des Kontostandes:

$k_n$: Kontostand nach $n$ Monaten [in €] für $n = 0; 1; 2; ...$

(a) Erstelle eine Wertetabelle und zeichne einen passenden Graphen zur Folge $\left( k_n \right)$.

$n$ 0 1 2 3 4 5 6
$k_n$

(b) Beschreibe die Folge $\left( k_n \right)$ mit einer rekursiven und expliziten Berechnungsformel.

(c) Zur Einordnung: Der Kontostand wächst in diesem Beispiel linear. Du kennst lineares Wachstum bereits von linearen Funktionen. Die Funktionsgleichung einer linearen Funktion sieht so aus: $f(x) = m\cdot x + b$, wobei $m$ die Steigung (pro Schritt nach rechts auf der $x$-Achse ändert sich der $y$-Wert um $m$) darstellt und $b$ den Anfangsbestand bzw. $y$-Achsenabschnitt (der Graph schneidet die $y$-Achse bei $(0|b)$). Erkläre: Wo findet man diese Elemente einer linearen Funktion in den Berechnungsformeln aus Teil (b) wieder?

Aufgabe 2

Zinseszins[2]
M. hat 10.000 € angespart. Sie legt das Geld in einem Aktion-Depot an und erhält jährlich 7% Rendite. Die Folge $\left( d_n \right)$ beschreibt die Entwicklung des Depotbestandes:

$d_n$: Depotbestand nach $n$ Jahren [in €] für $n = 0; 1; 2; ...$

(a) Erstelle eine Wertetabelle und zeichne einen passenden Graphen zur Folge $\left( d_n \right)$.

$n$ 0 1 2 3 4 5 6
$d_n$

(b) Beschreibe die Folge $\left( d_n \right)$ mit einer rekursiven und expliziten Berechnungsformel.

(c) Zur Einordnung: Der Depot-Bestand wächst in diesem Beispiel exponentiell. Du kennst exponentielles Wachstum bereits von Exponentialfunktionen und vom Zinseszinseffekt. Die Funktionsgleichung einer Exponentialfunktion sieht so aus: $f(x) = a\cdot q^x$, wobei $a$ den Anfangsbestand (der Graph schneidet die $y$-Achse bei $(0|a)$) darstellt und $q$ den Wachstumsfaktor (pro Schritt nach rechts auf der $x$-Achse wird der $y$-Wert mit $q$ multipliziert). Erkläre: Wo findet man diese Elemente einer Exponentialfunktion in den Berechnungsformeln aus Teil (b) wieder?

Aufgabe 3

Inflation[3]
Durch Inflation verliert ein Geldbetrag ständig an Kaufkraft. Das soll hier in der Aufgabe genauer betrachtet werden.

Bei einer Inflationsrate von 5% erhöht sich der Preis für Produkte (im Schnitt) um 5 Prozent. Betrachten wir ein konkretes Beispiel: Eine Kugel Eis kostet aktuell 1 €. In einem Jahr ist sie dann 5% teurer und kostet 1,05 €. Haben wir 100 € zur Verfügung, können wir aktuell 100 Kugeln Eis kaufen. In einem Jahr können wir uns für dasselbe Geld nur noch $100 € \cdot \frac{1\,€}{1,05\,€} \approx 95,24$ Kugeln Eis leisten. Das sind 95,24% der vorherigen Menge. Wir haben dadurch also 4,76% an Kaufkraft verloren. Im nächsten Jahr verlieren wir bei gleicher Inflationsrate wieder an Kaufkraft: Statt 95,24 Kugeln können wir uns dann nur noch $95,24 \cdot \frac{1}{1,05} \approx 90,70$ Kugeln Eis leisten.

Allgemein kann man aus der Inflationsrate $p\%$ so die Kaufkraft nach einem Jahr ausrechnen: Man hat nach einem Jahr nur noch eine Kaufkraft von $\frac{1}{100\%+p\%}$. In jedem Jahr wird die Kaufkraft also mit diesem Bruch multipliziert und so nimmt die Kaufkraft immer weiter ab. Für 5% ergibt sich die Multiplikation mit $\frac{100\%}{105\%}$ bzw. mit $\frac{1}{1,05}$.

Nun soll die Kaufkraft über mehrere Jahre betrachtet werden. Die Folge $\left( a_n \right)$ beschreibt die Kaufkraft des Geldbetrags:

$a_n$: Kaufkraft nach $n$ Jahren [in €] für $n = 0; 1; 2; ...$

leicht: Wähle selbst einen Geldbetrag (z.B. 100 €) und einen jährlichen Kaufkraftverlust (z.B. aus dem Beispiel oben: 4,76%). Entwickle damit eine explizite Darstellung zur Folge $\left( a_n \right)$ und gib sie im Applet ein. Das Applet kannst du dann als Inflationsrechner benutzen. Variiere den Geldbetrag und auch die Inflationsrate und beobachte, wie sich das auf die Kaufkraftentwicklung auswirkt.

schwieriger: Wähle selbst einen Geldbetrag (z.B. 100 €) und eine konstante Inflationsrate (z.B. aus dem Beispiel oben 5%). Berechne dann mit der Formel oben den Kaufkraftverlust innerhalb eines Jahres. Entwickle damit eine explizite Darstellung zur Folge $\left( a_n \right)$ und gib sie im Applet ein. Das Applet kannst du dann als Inflationsrechner benutzen. Variiere den Geldbetrag und auch die Inflationsrate.

Zum Herunterladen: inflationsrechner.ggb

Zur weiteren Beschäftigung:

  • Im Internet findest du verschiedene Rechner, mit denen du direkt den Kaufkraftverlust berechnen kannst, zum Beispiel hier. Vergleiche deine Ergebnisse mit denen des Rechners.
  • Der Kaufkraftverlust stellt eine exponentielle Abnahme dar. Vergleiche mit Aufgabe 2: Wo sind die Gemeinsamkeiten zum exponentiellen Wachstum, wo die Unterschiede?
  • Informiere dich: Was sind die Gefahren einer hohen Inflationsrate, insbesondere für die Altersvorsorge (Rente)? Was ist (im Gegensatz dazu) eine Hyperinflation? Wann gab es diese in Deutschland und welche Auswirkungen hatte sie?

Berechnungsformeln erklären

In den folgenden beiden Aufgaben wird der Zusammenhang zwischen Berechnungsformeln und der konkreten Wachstumssituation thematisiert. Der Kern der Aufgabe ist jeweils nicht die eigentliche Berechnung, sondern die Verknüpfung von Formel-Bestandteilen und der realen Situation (Modellierung, funktionales Denken). Das Umkehren der typischen Fragestellung (statt „Finde die Formel“ nun „Erkläre die Formel“) eignet sich als Verständniskontrolle.

Beide Aufgaben behandeln ein motivierendes Beispiel mit überraschenden Ergebnissen. Eine Vernetzung zu exponentiellem Wachstum (vergleiche auch Aufgabe 2) bietet sich an. Die Aufgaben sind komplett gleichwertig: Es ist z.B. sinnvoll, eine Aufgabe im Unterricht zu bearbeiten und die andere als Hausaufgabe vorzusehen. Alternativ eignet sich eine Gruppenarbeit mit anschließender Präsentation, Einzelarbeit mit anschließendem Austausch mit einem Partner oder die Nutzung als Wahlaufgaben.

Bei beiden Aufgaben gilt: Für die letzten beiden Fragestellungen in Teil (b) sollte zuerst die Vertiefung zu expliziten und rekursiven Darstellungen bearbeitet werden.

Aufgabe 4

Folgendes mathematische Gedankenmodell soll aufzeigen, dass die Geschwindigkeit exponentiellen Wachstums für Menschen kaum vorstellbar ist:

Ein Pfennig[4]
Stell dir vor, dass Joseph (der Vater von Jesus) vor ungefähr 2000 Jahren einen Pfennig (oder einen Cent) für seinen Sohn angelegt hat. Wir gehen von einer jährlichen Verzinsung (mit Zinseszinsen, wie in Aufgabe 2) von 5% aus und ignorieren die Inflation (vergleiche Aufgabe 3). Wir gehen davon aus, dass das Geld bis heute angelegt ist und noch nie etwas davon entnommen worden ist.

(a) Schätze: Wie viel Geld hat sich inzwischen auf Jesus' Konto angesammelt?

(b) Dieser Sachverhalt wird durch die Folge $(j_n)$ beschrieben. Es sind die folgenden beiden Berechnungsformeln gegeben:

  1. $j_n = 0,01 \cdot 1,05^n\quad$ für $\:n = 0; 1; 2; ...$
  2. $j_0 = 0,01$, $\:j_n = j_{n-1} \cdot 1,05\quad$ für $\:n = 1; 2; ...$
Erkläre an diesen beiden Formeln:
  1. Was bedeutet jeweils das $\:n$?
  2. Welche Bedeutung hat die Zahl $\:j_{10}$?
  3. Welcher Ausdruck beschreibt den Kontostand nach 2000 Jahren?
  4. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Berechnungsformeln? Warum besteht die zweite Formel aus zwei Teilen und die erste nicht?
  5. Welche Formel ist besser geeignet, um den Kontostand nach 2000 Jahren zu berechnen? Warum?

(c) Berechne den Kontostand nach 2000 Jahren und vergleiche mit deiner Schätzung aus (a).

Aufgabe 5

Sissa erfindet das Schach[5]
Eine Legende besagt, dass Sissa ibn Dahir das Schachspiel erfunden hat, um dem indischen Herrscher Shihram aufzuzeigen, dass der König zwar eine wichtige Figur ist, jedoch auch von den anderen Figuren (oder Menschen) abhängt. Das Spiel beeinflusste den König positiv und er wollte Sissa seinen Dank ausdrücken, indem er ihm einen Wusnch gewährte. Sissa wünschte sich, dass auf das erste Feld seines Schachbretts ein Weizenkorn (in manchen Varianten der Legende ein Reiskorn) gelegt wird, auf das zweite Feld zwei Körner, auf das dritte Feld vier Körner, auf das vierte acht, und so weiter. Der König lachte erst über den so bescheidenen Wunsch, doch sollte ihm das Lachen bald vergehen.

(a) Schätze: Wie viele Körner liegen am Ende insgesamt auf den 64 Feldern?

(b) Wir betrachten erst nur einzelne Felder, als z.B. das vierte Feld und die Anzahl Körner darauf. Das lässt sich mit der Folge $(f_n)$ beschriben. Es sind die folgenden beiden Berechnungsformeln gegeben:

  1. $f_n = 2^{n-1}\quad$ für $\:n = 1; 2; 3; ...$
  2. $f_1 = 1$, $\:f_n = f_{n-1}\cdot 2\quad$ für $\:n = 2; 3; ...$
Erkläre an diesen beiden Formeln:
  1. Was bedeutet jeweils das $\:n$?
  2. Welche Bedeutung hat die Zahl $\:f_{10}$?
  3. Welcher Ausdruck beschreibt die Anzahl der Körner auf dem 64. Feld?
  4. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Berechnungsformeln? Warum besteht die zweite Formel aus zwei Teilen und die erste nicht?
  5. Welche Formel ist besser geeignet, um die Anzahl der Körner auf dem letzten Feld zu berechnen? Warum?

(c) Berechne, wie viele Körner auf dem 64. Feld liegen. Auf den vorherigen 63 Feldern zusammengenommen liegt ein Korn weniger als auf dem 64. Feld. Berechne damit, wie viele Körner insgesamt auf das Schachbrett gelegt werden müssen, und vergleiche mit deiner Schätzung aus (a).

Quellen

Suche

v
1.2.1.6.2
o-mathe.de/grundlagen/folgen/folgenkonzept/uebungen/wachstum
o-mathe.de/1.2.1.6.2

Rückmeldung geben