Zusammenfassung - Zyklische Modelle
Beispiel - Entwicklung einer Maikäferpopulation
Im Simulationstool ProSiTo ist das Populationsentwicklungsmodell für eine Maikäferpopulation dargestellt.
Mit dem Simulationstool kann man experimentell herausfinden, dass sich Verteilungen beim vorliegenden Populationsmodell nach $4$ Schritten zyklisch wiederholen. Warum das so ist, wird im Folgenden – etwas verallgemeinert – nachgewiesen.
Verallgemeinerung - mehrstufige Populationsentwicklungsprozesse
Wir betrachten exemplarisch einen $4$-stufigen zyklischen Entwicklungsprozess einer Population mit den Entwicklungstadien A, B, C und D. Wir bezeichnen die Vermehrungsrate von D nach A mit $d$ und die Überlebensraten von A über B und C wieder hin zu D mit $a$, $b$ und $c$.
Der Übergangsgraph liefert ein zyklisches Modell für den betrachteten zyklischen Entwicklungsprozess.
Die Prozessmatrix zum zyklischen Modell hat dann die Gestalt:
$P = \begin{pmatrix} 0 & 0 & 0 & d \\ a & 0 & 0 & 0 \\ 0 & b & 0 & 0 \\ 0 & 0 & c & 0 \end{pmatrix}$
Für eine solche Prozessmatrix gilt:
$P^{2} = P \cdot P = \begin{pmatrix} 0 & 0 & 0 & d \\ a & 0 & 0 & 0 \\ 0 & b & 0 & 0 \\ 0 & 0 & c & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 0 & 0 & 0 & d \\ a & 0 & 0 & 0 \\ 0 & b & 0 & 0 \\ 0 & 0 & c & 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 & 0 & cd & 0 \\ 0 & 0 & 0 & ad \\ ab & 0 & 0 & 0 \\ 0 & bc & 0 & 0 \end{pmatrix}$
$P^{3} = P^{2} \cdot P = \begin{pmatrix} 0 & 0 & cd & 0 \\ 0 & 0 & 0 & ad \\ ab & 0 & 0 & 0 \\ 0 & bc & 0 & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 0 & 0 & 0 & d \\ a & 0 & 0 & 0 \\ 0 & b & 0 & 0 \\ 0 & 0 & c & 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} 0 & bcd & 0 & 0 \\ 0 & 0 & acd & 0 \\ 0 & 0 & 0 & abd \\ abc & 0 & 0 & 0 \end{pmatrix}$
$P^{4} = P^{3} \cdot P = \begin{pmatrix} 0 & bcd & 0 & 0 \\ 0 & 0 & acd & 0 \\ 0 & 0 & 0 & abd \\ abc & 0 & 0 & 0 \end{pmatrix} \cdot \begin{pmatrix} 0 & 0 & 0 & d \\ a & 0 & 0 & 0 \\ 0 & b & 0 & 0 \\ 0 & 0 & c & 0 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} abcd & 0 & 0 & 0 \\ 0 & abcd & 0 & 0 \\ 0 & 0 & abcd & 0 \\ 0 & 0 & 0 & abcd \end{pmatrix}$
Es gilt demnach $P^{4} = \underbrace{a \cdot b \cdot c \cdot d}_{q} \cdot E$ mit der $4$-dimensionalen Einheitsmatrix $E$.
Für jede Ausgangspopulation $\vec{v}_{0}$ gilt dann:
$\vec{v}_{4} = P^{4} \cdot \vec{v}_{0} = (q \cdot E) \cdot \vec{v}_{0} = q \cdot (E \cdot \vec{v}_{0}) = q \cdot \vec{v}_{0}$
$\vec{v}_{8} = P^{8} \cdot \vec{v}_{0} = P^{4} \cdot P^{4} \cdot \vec{v}_{0} = (q \cdot E) \cdot (q \cdot E) \cdot \vec{v}_{0} = q^{2} \cdot \vec{v}_{0}$
$\vec{v}_{12} = P^{12} \cdot \vec{v}_{0} = \dots = q^{3} \cdot \vec{v}_{0}$
Also:
$\vec{v}_{4i} = P^{4i} \cdot \vec{v}_{0} = \dots = q^{i} \cdot \vec{v}_{0}$ für alle natürlichen Zahlen $i$.
Für $\underbrace{a \cdot b \cdot c \cdot d}_{q} = 1$ gilt $\vec{v}_{0} = \vec{v}_{4} = \vec{v}_{8} = \vec{v}_{12} = \dots$. Man erhält eine zyklisch stabile Population.
Für $\underbrace{a \cdot b \cdot c \cdot d}_{q} \text{ < } 1$ ergibt sich eine zyklisch abnehmende Population, für $\underbrace{a \cdot b \cdot c \cdot d}_{q} > 1$ eine zyklisch wachsende Population.
Entsprechende Ergebnisse erhält man für beliebige $n$-stufige Populationsentwicklungsprozesse (wobei $n$ eine natürliche Zahl ist).
Zusammenfassung
Zur Beschreibung zyklischer Prozesse führen wir zunächst einen neuen Begriff ein.
Zyklische Prozessmatrix
Eine $n$-dimensionale Prozessmatrix $P$ ist zyklisch genau dann, wenn es eine reelle Zahl $q$ gibt, so dass $P^{n} = q \cdot E$ (mit der $n$-dimensionalen Einheitsmatrix $E$) gilt.
Zyklische Prozesse führen zu einem zyklischen Verhalten von Verteilungsvektoren.
Satz über zyklische Prozesse
Ist $P$ eine zyklische Prozessmatrix mit $P^{n} = q \cdot E$ (mit einer natürlichen Zahl $n$ und einer positiven reellen Zahl $r$), dann gilt für die Verteilungsvektoren:
$\vec{v}_{n} = q \cdot \vec{v}_{0}$, $\vec{v}_{2n} = q^2 \cdot \vec{v}_{0}$, $\vec{v}_{3n} = q^3 \cdot \vec{v}_{0}$ usw..
Für $q = 1$ erhält man zyklisch stabile Verteilungsvektoren mit $\vec{v}_{0} = \vec{v}_{n} = \vec{v}_{2n} = \vec{v}_{3n} = \dots$.
Für $q \text{ < } 1$ erhält man zyklisch abnehmende Verteilungsvektoren mit $\vec{v}_{i \cdot n} = q^{i} \cdot \vec{v}_{0}$.
Für $q > 1$ ergeben sich zyklisch wachsende Verteilungsvektoren mit $\vec{v}_{i \cdot n} = q^{i} \cdot \vec{v}_{0}$.
Zyklische Prozesse erhält man bei einfachen mehrstufigen Populationsentwicklungsprozessen.
Satz über mehrstufige Populationsentwicklungsprozesse
Gegeben ist ein zyklischer $n$-stufiger Populationsentwicklungsprozess mit der Vermehrungsrate $f$ und den Überlebensraten $a_1, a_2, \dots a_{n-1}$.
Für die zugehörige Prozessmatrix $P$ gilt dann $P^{n} = \underbrace{f \cdot a_1 \cdot \dots \cdot a_{n-1}}_{q} \cdot E$. $P$ ist also eine zyklische Prozessmatrix.