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Zusammenfassung - Stochastische Unabhängigkeit

Abhängigkeit bei Ereignissen - ein Beispiel

Häufig kommt es vor, dass wir bei einem Zufallsexperiment wissen wollen, ob sich zwei Ereignisse gegenseitig beeinflussen. Wir verdeutlichen das zunächst anhand einer statistischen Erhebung.

Beispiel: Schlafprobleme

In einer Studie wurden Frauen bzw. Männer u.a. nach den beiden folgenden Merkmalen befragt (siehe Journal of Health Monitoring).

  • Wie alt bist du? (18-24/25-31)
  • Leidest du unter Schlafproblemen? (ja/nein)

In der Auswertung der Studie ging es u.a. um diese Frage:

Hängen Schlafprobleme bei jungen Frauen bzw. jungen Männern vom Alter ab?

Die Ergebnisse der Befragung sind in den beiden folgenden GeoGebra-Applets zu sehen:

Daten: Schlafprobleme bei jungen Frauen in Abhängigkeit des Alters

Zum Herunterladen: abhaengigkeit_schlafen_alter_frauen.ggb

Daten: Schlafprobleme bei jungen Männern in Abhängigkeit des Alters

Zum Herunterladen: abhaengigkeit_schlafen_alter_maenner.ggb

Zur Beschreibung der Zusammenhänge nutzen wir dieselben Bezeichner für Ereignisse wie in den Applets:

  • $A$: Schlafprobleme: ja
  • $\overlinepatch{A}$: Schlafprobleme: nein
  • $B$: Alter: 18-24
  • $\overlinepatch{B}$: Alter: 25-31

Die Daten liefert folgende Antworten auf die zu untersuchende Frage:

Hängen Schlafprobleme bei jungen Frauen vom Alter ab?

Für junge Frauen gilt:

$P(A|B) = P(A|\overlinepatch{B}) = P(A)$

Die Schlafprobleme hängen hier nicht vom Alter ab. In beiden Altergruppen erhält man den gleichen Anteil an Frauen mit Schlafproblemen.

Hängen Schlafprobleme bei jungen Männern vom Alter ab?

Für junge Männer gilt:

$P(A|B) \neq P(A|\overlinepatch{B})$ sowie $P(A|B) \neq P(A)$ und $P(A|\overlinepatch{B}) \neq P(A)$

Die Schlafprobleme hängen hier vom Alter ab. Mit dem Alter steigt der Anteil an Männern mit Schlafproblemen leicht an.

Bedingungen für stochastische Unabhängigkeit

Wir betrachten zwei Ereignissen $A$ und $B$ eines Zufallsexperiments mit $P(A) > 0$ und $P(B) > 0$. Für solche Ereignisse können die bedingten Wahrscheinlichkeiten $P(A|B)$ und $P(B|A)$ gebildet werden. Es gilt dann:

$P(A|B) = P(A)$ (bzw. die Wahrscheinlichkeit von $A$ hängt nicht von $B$ ab)

$\Leftrightarrow$

$\displaystyle{\frac{P(A \cap B)}{P(B)}} = P(A)$

$\Leftrightarrow$

$P(A \cap B) = P(A) \cdot P(B)$

$\Leftrightarrow$

$\displaystyle{\frac{P(A \cap B)}{P(A)}} = P(B)$

$\Leftrightarrow$

$P(B|A) = P(B)$ (bzw. die Wahrscheinlichkeit von $B$ hängt nicht von $A$ ab)

Diese Umformungen zeigen, dass Unabhängigkeit immer beidseitig besteht: Wenn die Wahrscheinlichkeit von $A$ nicht von $B$ abhängt, dann hängt die Wahrscheinlichkeit von $B$ auch nicht von $A$ ab - und umgekehrt. Für die Unabhängigkeit reicht es also immer, nur eine der beiden bedingten Abhängigkeiten zu betrachten. Wir legen die stochastische Unabhängigkeit daher so fest:

Zwei Ereignisse $A$ und $B$ eines Zufallsexperiments mit $P(A) > 0$ oder $P(B) > 0$ sind stochastisch unabhängig genau dann, wenn gilt:

$P(A|B) = P(A)$ bzw. $P(B|A) = P(B)$

Was ist, wenn $P(A) = 0$ oder $P(B) = 0$ gilt? In diesem Fall gehen wir auch davon aus, dass das eine Ereignis keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit des anderen hat. Wir legen also zusätzlich fest:

Zwei Ereignisse $A$ und $B$ eines Zufallsexperiments mit $P(A) = 0$ oder $P(B) = 0$ sind stochastisch unabhängig.

Falls $P(A) = 0$ oder $P(B) = 0$ gilt, dann gilt auch $P(A \cap B) = 0$ und somit $P(A \cap B) = P(A) \cdot P(B)$. Das führt mit den oben gezeigten Überlegungen zu folgendem Ergebnis:

Zwei Ereignisse $A$ und $B$ eines Zufallsexperiments sind stochastisch unabhängig genau dann, wenn gilt:

$P(A \cap B) = P(A) \cdot P(B)$

Zwei Ereignisse nennt man stochastisch abhängig genau dann, wenn sie nicht stochastisch unabhängig sind. Beachte, dass eine stochastische Abhängigkeit keine Ursache-Wirkung-Beziehung beschreibt. Im Beispiel "Schlafprobleme bei jungen Männern" steigt die Wahrscheinlichkeit von Schlafproblemen mit dem Alter leicht an. Die Ursache hierfür dürfte komplex sein und nicht der Eintritt in eine neue Alterungsgruppe.

Stochastische Unabhängigkeit bei mehrstufigen Zufallsexperimenten

Zur Verdeutlichung der Rolle der stochastischen Unabhängigkeit bei mehrstufigen Zufallsexperimenten betrachten wir folgendes Beispiel:

Zufallsexperiment: Ziehen mit Zurücklegen

In einer Urne befinden sich 2 rote und 3 blaue Kugeln. Aus der Urne wird zweimal eine Kugel gezogen. Dabei wird die Kugel nach dem ersten Zug wieder in die Urne zurückgelegt. Beobachtet wird die Abfolge der Kugelfarben.

Zum Herunterladen: urnenexperiment3.ggb

Die Ereignisse $B$: "die 1. gezogene Kugel ist rot" und $A$: "die 2. gezogene Kugel ist rot" sind hier stochastisch unabhängig. Beachte, dass die Wahrscheinlichkeiten dieser beiden Ereignisse gesetzt sind. Die stochastische Unabhängigkeit spiegelt hier also nicht eine Eigenschaft von Daten wider. Hier werden vielmehr die Teilzufallsexperimente eines komplexeren Zufallsexperiments stochastisch unabhängig modelliert.

Diese Form der stochastisch unabhängigen Modellierung bei mehrstufigen Zufallsexperimenten ist zentral und wird uns in den weiteren Kapiteln noch oft begegnen.

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