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Strukturierung – Winkelfunktionen

Zielsetzung dieser Seite

In den vorangegangenen Abschnitten haben wir an konkreten Beispielen gesehen, dass die Seitenverhältnisse in Dreiecken inhaltlich von Bedeutung sind und von den jeweiligen Winkeln im Dreieck abhängen. Diese Zusammenhänge wollen wir in diesem Abschnitt mathematisch präzisieren und hierfür neue, wichtige Begriffe einführen.

Seitenverhältnisse im Dreieck

Für drei Dreiecke wurden verschiedene Seitenverhältnisse bestimmt. Du findest sie unterhalb der folgenden Aufgabe.

Aufgabe 1: Seitenverhältnisse sind nicht immer gleich ...

(a) Betrachte die drei Dreiecke und stelle Vorhersagen über die Seitenverhältnisse $\frac{a}{b}$, $\frac{a'}{b'}$ und $\frac{a''}{b''}$ an: Wird dieses Verhältnis in den Dreiecken gleich sein? Begründe deine Vorhersage und überprüfe sie dann mit dem Applet.

(b) Betrachte nun auch die anderen Verhältnisse und wiederhole die Schritte aus (a). Erarbeite daraus eine präzise Erklärung: „Die zusammengehörigen Seitenverhältnisse im Dreieck ... und im Dreieck ... sind gleich, weil ... Im Dreieck ... sind die jeweiligen Seitenverhältnisse nicht gleich, weil ...“

(c) Gustav fasst das Ergebnis so zusammen: „Das jeweilige Seitenverhältnis hängt vom Winkel $\alpha$ des Dreiecks ab. Ist der Winkel in zwei Dreiecken gleich, so ist auch das entsprechende Verhältnis gleich.“ Hannah entgegnet: „Nein, das stimmt so nicht. Ich kann es dir an dem Applet erklären und auch sagen, wie es richtig ist: ...“ Vervollständige die Erklärung.

Zum Herunterladen: seitenverhaeltnisse.ggb

In den Textfeldern im Applet werden gerundete Werte angezeigt, sodass manche Ergebnisse ggf. auf den ersten Blick falsch wirken.

Aufgabe 2: ... oder sind sie es doch?

(a) Gustav hat nun selbst eine GeoGebra-Datei erstellt, in der man mit zwei Schiebereglern den Winkel $\alpha$ und die Länge einer der Dreiecksseiten steuern kann. Nach einigen Experimenten kommt er zu dem Schluss: „Komisch: Hier scheinen die Verhältnisse nun doch nur von einem der Winkel abzuhängen.“ Ist das nicht ein Widerspruch zu Aufgabe 1c? Nenne die Besonderheit, die hier vorliegt.

(b) Gustav hat verstanden: „Im Gegensatz zu Aufgabe 1 ist hier einer der drei Winkel des Dreiecks immer gleich, nämlich ... Wenn ich nun auch $\alpha$ vorgebe, dann sind alle Dreiecke, die ich durch den zweiten Schieberegler erhalte, ... Und deshalb sind dann die Seitenverhältnisse gleich.“ Vervollständige seine Argumentation.

Zum Herunterladen: seitenverhaeltnisse-rechtwinklig.ggb

In den Textfeldern im Applet werden gerundete Werte angezeigt, sodass manche Ergebnisse ggf. auf den ersten Blick falsch wirken.

Winkelfunktionen

Bei einer Funktion wird einer Größe (hier einem Winkel) eine andere Größe (hier ein Seitenverhältnis, also letztlich eine Zahl) zugeordnet. Wichtig dabei ist, dass Funktionen eindeutig sind. Das bedeutet, dass jedem Ausgangswert genau ein Funktionswert zugeordnet wird. Weil wir nun Funktionen betrachten, deren Ausgangswert ein Winkel ist, spricht man von Winkelfunktionen.

Aufgabe 3: Wann erhalten wir eine Winkelfunktion, wann nicht?

(a) In Aufgabe 1 haben wir versucht, einem Winkel $\alpha$ ein Seitenverhältnis (z.B. $\frac{a}{b}$) zuzuordnen. Erkläre, warum es sich dabei um keine Funktion handelt.

(b) In Aufgabe 2 haben wir dasselbe noch einmal versucht, allerdings in Dreiecken mit einem rechten Winkel bei $B$. Erkläre, warum die Zuordnung von Winkel $\alpha$ zum Seitenverhältnis $\frac{a}{b}$ nun durchaus eine Funktion darstellt.

(c) Wichtig war in Aufgabe 2, dass einer der Winkel vorgegeben wird. Dass es ausgerechnet ein rechter Winkel ist, ist dabei nicht entscheidend – wir hätten auch stattdessen nur noch Dreiecke mit $\beta = 70°$ betrachten können. Stelle eine Vermutung auf, warum man Winkelfunktionen für rechtwinklige Dreiecke und nicht für solche mit einem $70°$-Winkel definiert hat.

Mit den drei Seiten lassen sich insgesamt 6 Seitenverhältnisse bilden. In der Praxis relevant sind dabei vor allem die drei Verhältnisse aus den Applets oben. andere Verhältnisse lassen sich sehr einfach aus diesen bilden. Da die drei Verhältnisse relevant sind, geben wir ihnen besondere Namen:

In einem rechtwinkligen Dreieck und einem Winkel $\alpha\ne 90°$ definieren wir die folgenden drei Winkelfunktionen:

  • Der Sinus von $\alpha$ ist der Quotient $$\sin(\alpha)=\frac{\text{Gegenkathete von }\alpha}{\text{Hypotenuse des Dreiecks}}.$$
  • Der Kosinus von $\alpha$ ist der Quotient $$\cos(\alpha)=\frac{\text{Ankathete von }\alpha}{\text{Hypotenuse des Dreiecks}}.$$
  • Der Tangens von $\alpha$ ist der Quotient $$\tan(\alpha)=\frac{\text{Gegenkathete von }\alpha}{\text{Ankathete von }\alpha}.$$

Weil die drei Winkelfunktionen mithilfe der Größen eines Dreiecks definiert werden, nennt man sie auch trigonometrische Funktionen. Der Begriff Trigonometrie setzt sich aus den griechischen Wörtern für „Dreieck“ und „Maß“ zusammen und bezeichnet die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Seiten und Winkeln in Dreiecken.

In der Mathematik ist es wichtig, sich klar zu machen, dass man die Winkelfunktionen so definieren kann, wie wir es getan haben. Die dafür nötigen Überlegungen hast du in Aufgabe 3 angestellt. Weil es sich um Funktionen handelt, könnten wir auch „funktionstypische“ Fragen stellen: Wie sieht der Graph aus? Gibt es Nullstellen? Solche Fragestellungen werden wir aber erst in der Zukunft betrachten; zuerst konzentrieren wir uns auf die Lösung geometrischer Probleme.

Aufgabe 4: Neue Begriffe anwenden

In den vorherigen Abschnitten wurden verschiedene Seitenverhältnisse betrachtet. Beschreibe sie nun mit den neuen Begriffen.

(a) Die Steigung einer Straße entspricht dem ... des Steigungswinkels.

(b) Das Verhältnis von Mauerhöhe zu Leiterlänge entspricht dem ... des Anstellwinkels.

(c) Im Applet oben war der Sinus das Verhältnis $\frac{a}{c}$. Gustav meint: „Ich merke mir lieber „Sinus ist $a$ durch $c$“, dann brauche ich die ganzen Fachbegriffe nicht.“ „Das ist keine gute Idee,“ erwidert Hannah. Erkläre, wieso.

Problemlösung mit Winkelfunktionen

Die Winkelfunktionen können eingesetzt werden, um unbekannte Größen eines Dreiecks zu bestimmen – vorausgesetzt, man kennt den Wert der Winkelfunktion für den betrachteten Winkel.

Oft funktioniert folgendes Vorgehen:

  1. Notiere mit Fachbegriffen, welche Größen des Dreiecks gegeben und welche gesucht sind.
  2. Suche die passende Winkelfunktion heraus, die die gegebenen und gesuchten Werte enthält.
  3. Stelle die Definition der Winkelfunktion nach der gesuchten Größe um.
  4. Setze die bekannten Größen ein. Dafür musst du den Wert der Winkelfunktion z.B. mit dem Applet von Aufgabe 2 bestimmen.
  5. Interpretiere das Ergebnis im Sachzusammenhang.

Aufgabe 5: Berechnungen in einem Beispiel

Bearbeite die fünf beschriebenen Schritte im folgenden Beispiel möglichst eigenständig. Blende zur Kontrolle die Ergebnisse mit den jeweiligen Knöpfen ein.

Eine Leiter mit Anstellwinkel[1]

Beispiel: Wir wollen eine Mauer überwinden und haben die passende Leiter dabei, um sie in einem Anstellwinkel von $70°$ anzustellen. Die Leiter ist $6$ m lang. Doch wie weit von der Mauer entfernt müssen wir sie am Boden aufstellen?

geg: rechtwinkliges Dreieck mit Winkel $\alpha$, Hypotenuse des Dreiecks (Leiterlänge) $b=6$ m.

ges: Ankathete $c$ von $\alpha$

Lsg:

Die passende Winkelfunktion ist $$\cos(\alpha) = \frac{\text{Ankathete von }\alpha}{\text{Hypotenuse des Dreiecks}}=\frac{c}{b}.$$

Eine Multiplikation mit dem Nenner und der Tausch der beiden Seiten ergibt $$c = b \cdot \cos(\alpha).$$

Mit dem Applet erhalten wir $\cos(70°) \approx 0,34$; die Hypotenuse ist $6$ m lang. Einsetzen ergibt: $$c \approx 6 \text{ m} \cdot 0,34= 2,04 \text{ m}.$$

Antwort:

Man sollte die Leiter ca. $2,04$ m von der Mauer entfernt aufstellen.

Werte für Winkelfunktionen

Mit den Winkelfunktionen kann man für einen gegebenen Winkel ein bestimmtes Seitenverhältnis bestimmen. Dafür muss man aber die Werte der Winkelfunktionen für verschiedene Winkel kennen.

Aufgabe 6: Werte bestimmen

Mithilfe eines Computers kann man die Funktionswerte von Winkelfunktionen schnell berechnen – entweder mithilfe der Geometrie wie oben oder durch komplizierte Rechenverfahren, die man im Mathematikstudium kennenlernt. Doch wie könnte man die Werte ohne PC bestimmen?

(a) Ein Weg besteht darin, eine Tabelle für verschiedene Winkel anzulegen. Beschreibe präzise, wie du vorgehen würdest, um so eine Tabelle anzulegen. Worauf musst du besonders achten? Was machst du, wenn du z.B. den Wert von $\sin(45,42668°)$ wissen möchtest, dieser aber nicht in deiner Tabelle steht?

Solche Tabellen nutzte man vor der Existenz von Computern über Jahrhunderte in der Mathematik. Das Prinzip wird/wurde auch bei anderen mathematischen Problemen verwendet, z.B. für Logarithmen und Wahrscheinlichkeitsverteilungen.

(b) Ein Computer ist durch komplizierte Rechnungen in der Lage, die Werte von Winkelfunktionen relativ genau zu bestimmen. In manchen Fällen wird das jedoch nicht getan, sondern stattdessen auf vorgefertigte Tabellen zurückgegriffen. Dieses Vorgehen war vor allem früher stärker verbreitet als heute und wurde z.B. zur Berechnung von 3D-Grafiken in Computerspielen angewandt. Kannst du dir denken, welche Vorteile solche Tabellen im Vergleich zur Berechnung mit sich bringen?

(c) Einen kleinen Computer, der auch eine Tabelle mit den Winkelfunktionswerten in sich trägt, hast du meistens im Mathe-Unterricht dabei: deinen Taschenrechner. Finde die Tasten für die drei Winkelfunktionen $\sin$, $\cos$ und $\tan$ und probiere sie mit verschiedenen Winkeln aus. Vergleiche mit den Ergebnissen aus dem Applet in Aufgabe 2 oder Aufgabe 5.

Es ist möglich, dass du mit dem Taschenrechner komplett falsche Ergebnisse heraus bekommst. Dann ist er vermutlich auf das Bogenmaß (oft „RAD“) und nicht auf das Gradmaß (oft „DEG“) eingestellt. Das ist eine andere Art, wie man die Größe von Winkeln beschreiben kann. Wir gehen darauf später noch genauer ein. Fürs erste solltest du nur herausfinden, wie du deinen Taschenrechner ins Gradmaß einstellst.

Das Wichtigste notieren

Aufgabe 7: Eine Zusammenfassung

Fasse das Wichtigste selbst schriftlich zusammen. Die folgenden Anregungen können dir dabei helfen:

  • Nutze als Überschrift „Winkelfunktionen“. Gliedere danach deine Zusammenfassung so:
  • Grundidee: Erkläre zuerst kurz, warum man in einem rechtwinkligen Dreieck eindeutig jedem Winkel bestimmte Seitenverhältnisse zuordnen kann. Schau dir hierfür noch einmal Aufgabe 3 an.
  • Definitionen: Führe darunter die drei Definitionen mitsamt einer Skizze auf.
  • Beispiel: Füge ein Beispiel ein, in dem du mit Winkelfunktionen ein Problem löst. Du kannst das Beispiel von oben oder ein eigenes kleines Beispiel verwenden.

Quellen

Suche

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103.2.1.4
o-mathe.de/diverses/trigonometrie/winkelfunktionen-geom/winkelfunktionen
o-mathe.de/103.2.1.4

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