Zusammenfassung - Ereignisse
Beschreibung von Ereignissen
Ein Wahrscheinlichkeitsmodell beschreibt ein Zufallsexperiment mit einer Ergebnismenge und einer Wahrscheinlichkeitsfunktion. Die Wahl der Ergebnismenge hängt davon ab, was beim Zufallsexperiment beobachtet wird. Als Beispiel betrachten wir hier das Werfen von zwei Standardwürfeln.
2-Würfel-Augen-Modell:
Realität | Modell |
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Zufallsexperiment: zwei Standardwürfel werfen und dabei die Augenzahlen der beiden Würfel beobachten |
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Ergebnisse: 11: roter Würfel eine 1 und orangefarbener Würfel eine 1 12: roter Würfel eine 1 und orangefarbener Würfel eine 2 ... |
Ergebnismenge: $\Omega = \{ 11, 12, 13, ..., 21, 22, 23, ..., 64, 65, 66 \}$ |
Wahrscheinlichkeitsannahme: Alle Ergebnisse sind gleichwahrscheinlich. |
Wahrscheinlichkeitsfunktion: $P(e) = \frac{1}{36}$ für alle Ergebnisse $e$ aus $\Omega$ |
Im vorliegenden Modell werden die Augenzahlen der beiden geworfenen Würfel beobachtet. Das spiegelt sich in der Ergebnismenge wider. Beim Werfen von zwei Standardwürfeln wird sich oft auch für Ereignisse interessiert, die nicht direkt den beobachteten Ergebnissen entsprechen. Zum Beispiel werden bei manchen Spielen Ereignisse betrachtet, die Aussagen über die Summen der Augenzahlen der beiden Würfel treffen. Die folgende Übersicht zeigt, wie solche Ereignisse mathematisch erfasst werden.
Ereignisse im 2-Würfel-Augen-Modell:
Realität | Modell |
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Ereignisse: $S_{2}$: die Summe der Augenzahlen beträgt 2 $S_{3}$: die Summe der Augenzahlen beträgt 3 ... $S_{12}$: die Summe der Augenzahlen beträgt 12 |
Ereignisse: $S_{2} = \{ 11 \}$ $S_{3} = \{ 12, 21 \}$ $S_{4} = \{ 13, 22, 31 \}$ ... $S_{12} = \{ 66 \}$ |
Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse: $P(S_{2}) = \frac{1}{36}$ $P(S_{3}) = \frac{2}{36}$ $P(S_{4}) = \frac{3}{36}$ ... $P(S_{12}) = \frac{1}{36}$ |
Das Beispiel verdeutlicht, dass ein Ereignis (im umgangssprachlichen Sinn) mit der Menge der Ergebnisse, die zum Eintreten des Ereignisses führen, beschrieben werden kann. Diese Sichtweise führt zur folgenden Präzisierung:
Ein Ereignis (im mathematischen Sinn) ist eine Teilmenge der Ergebnismenge $\Omega$.
Jede Teilmenge $E$ der Ergebnismenge $\Omega$ wird somit als Ereignis betrachtet. Folgende Sonderfälle sind dabei möglich:
- $E = \emptyset$: Die leere Menge beschreibt ein unmögliches Ereignis.
- $E = \Omega$: Die Ergebnismenge beschreibt ein sicheres Ereignis.
- $E = \{e\}$ mit $e \in \Omega$: Eine einelementige Menge beschreibt ein Elementarereignis und entspricht einem Ergebnis.
Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen
Eine Wahrscheinlichkeitsfunktion $P$ in einem Wahrscheinlichkeitsmodell legt die Wahrscheinlichkeiten zunächst nur für die Ergebisse aus der Ergebnismenge $\Omega$ fest. Die Wahrscheinlichkeitsfunktion $P$ lässt sich aber direkt auf Ereignisse ausweiten.
Für ein Ereignis $E = \{e_1, ..., e_k\}$, das aus den Ergebnissen $e_1, ..., e_k$ besteht, ergibt sich die Wahrscheinlichkeit $P(E)$, indem die Wahrscheinlichkeiten der zugehörigen Ergebnisse aufaddiert werden.
$P(E) = P(e_1) + ... + P(e_k)$
Dieses Vorgehen ist sinnvoll: Wahrscheinlichkeiten sind (von Menschen gesetzte) Zahlen, die erwartete relative Häufigkeiten bei langen Versuchsreihen beschreiben. Die relative Häufigkeit eines Ereignisses $E = \{e_1, ..., e_k\}$ erhalten wir, indem wir die relativen Häufigkeiten der Ergebnisse $e_1, ..., e_k$ aufaddieren. Wir übertragen somit die Additivität bei relativen Häufigkeiten auf die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten.
Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen in Laplace-Modellen
In einem Laplace-Modell ist die Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen besonders einfach.
Wenn in einem Laplace-Modell die Ergebnismenge $\Omega$ aus $n$ Ergebnissen besteht, dann gilt für ein Ereignis $E$, das aus $k$ Ergebnissen besteht:
$P(E) = \displaystyle{\frac{k}{n}}$
Ergebnis oder Ereignis
Ob in einem Realitätsausschnitt eine bestimmte Situation als Ergebnis oder Ereignis eines Zufallsexperiments angesehen wird,
hängt von der gewählten Beobachtungsgröße bei der Modellierung ab.
Im oben gezeigten 2-Würfel-Augen-Modell werden die Augenzahlen der beiden geworfenen Würfel beobachtet.
Eine Situation wie z. B. die Summe der Augenzahlen beträgt ...
wird dann als Ereignis angesehen.
Möglich wäre es aber auch, beim Werfen der beiden Würfel direkt die Augensumme der beiden Würfel als Beobachtungsgröße zu wählen.
Das würde dann zu folgender alternativen Modellierung des Realitätsausschnitts führen:
2-Würfel-Summen-Modell:
Realität | Modell | ||||||||||||||||||||||||
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Zufallsexperiment: zwei Standardwürfel werfen und dabei die Summe der Augenzahlen beobachten |
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Ergebnisse: Summe beträgt 2 Summe beträgt 3 ... |
Ergebnismenge: $\Omega = \{2, 3, 4, ..., 11, 12\}$ |
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Wahrscheinlichkeitsannahme: Alle Augenkombinationen der beiden Würfel sind gleichwahrscheinlich. |
Wahrscheinlichkeitsfunktion:
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Diese alternative Modellierung verdeutlicht: Ein und derselbe Realitätsausschnitt kann oft mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsmodellen beschrieben werden. Ob etwas als Ergebnis oder Ereignis betrachtet wird, hängt dabei oft von der gewählten Beobachtungsgröße bei der Modellierung ab. Die Beobachtungsgröße sollte daher immer sehr genau angegeben werden.
In der Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie spielen Ereignisse die wichtigere Rolle. Jedes Ergebnis kann mit einem Elementarereignis beschrieben werden. Der Ereignisbegriff ist daher allgemeiner als der Ergebnisbegriff. Er ist zudem viel mächtiger, da mit ihm auch Situationen erfasst werden können, bei denen es unmöglich ist, eine Wahrscheinlichkeitsfunktionen über die Ergebnisse festzulegen. Wir werden in den folgenden Kapiteln zunächst immer mit den möglichen Ergebnissen eines Zufallsexperiments beginnen, da dieser Ansatz für einfache Zufallsexperimente naheliegender ist. Erst bei Bedarf werden wir die Vorgehensweise an eine komplexere Ausgangssituation anpassen.